Tren de Soller

Es ist eine Reise in längst vergangen geglaubte Zeiten. Begleitet vom stetigen Rattern der betagten Eisenbahn führt die abenteuerliche Strecke in engen Serpentinen durch finstere Tunnel hindurch in die waghalsigen Höhen des Serra de Alfábia-Gebirges. Innen drängen sich die Fahrgäste dicht an dicht auf die alten Holzbänke und können sich gar nicht recht entscheiden, ob sie die Landschaft draußen oder doch die an alte Filme erinnernde Kulisse im Inneren bestaunen sollen.

Seit 1912 verbindet der Tren de Sóller die Inselhauptstadt Palma de Mallorca mit der beschaulichen Ortschaft Sóller im Nordwesten. Zwischen den Stationen erstreckt sich die mächtige Gebirgslandschaft der Serra de Tramuntana. Die über 27,3 Kilometer lange Trasse ist eine Meisterleistung ihrer Zeit: Ihre schmalen, gerade einmal 914 Millimeter breiten Gleise überwinden die 496 Höhenmeter des Serra de Alfábia. Lock und Waggons glänzen mit kunstvollen Details und werden seit vielen Jahrzehnten liebevoll gepflegt. Trotz ihres abenteuerlichen Streckenverlaufs gilt der Tren de Sóller als das sicherste Verkehrsmittel auf ganz Mallorca. Neunzig Jahre lang waren die Bahnen ohne einen einzigen Unfall unterwegs, bis ein missglücktes Wendemanöver im Bahnhof von Palma de Mallorca den Rekord brach.

Streckenverlauf

Ihre anhaltende Popularität bei den Touristen verdankt der Tren de Sóller seiner einzigartigen Strecke, die von einem mächtigen natürlichen Hindernis, dem Serra de Alfábia, geprägt ist. 2,8 Kilometer lang und 496 Meter hoch thront die Gebirgskette direkt vor der Ortschaft Sóller. Um diesen Höhenunterschied zu überwinden, steigt die Trasse der Eisenbahn auf einer Länge von gerade einmal sieben Kilometern um 199 Höhenmeter an und führt durch dreizehn Tunnels mit einer Länge zwischen drei und 33 Metern durch die Gipfel des Gebirges hindurch. Außerdem passiert die Bahnlinie mehrere Brücken, unter anderem das prächtige Viadukt Cinc-Ponts mit seinen fünf bis acht Meter hohen Bögen. Gepaart mit engen Kurvenverläufen und einer faszinierenden Naturlandschaft wird die Bahnfahrt mit dem Tren de Sóller zu einer kleinen Abenteuerreise.

Geschichte des Tren de Soller

Noch im frühen 20. Jahrhundert transportierte die Eisenbahn statt Touristen vornehmlich Obst und Gemüse. Schon damals reiften im "Tal des Goldes" von Sóller, geschützt vor Wind und Wetter, die saftigsten Orangen im Mittelmeerraum. Doch der Transport der begehrten Früchte stellte die Mallorquiner vor ein Problem: Per Schiff oder gar Eselskarren dauerte es bis zu einer halben Woche, ehe die Orangen die Hauptstadt Palma de Mallorca erreichten. Noch dazu war die Strecke insbesondere zur Erntezeit im Winter mit einem hohen Risiko verbunden.

1904 schließlich ergriff der Geschäftsmann Jeroni Estades gemeinsam mit einigen anderen Kaufleuten der Region die Initiative und gründete die private Eisenbahngesellschaft Ferrocarril de Sóller. Die Einwohner Sóllers beteiligten sich begeistert per Aktienkauf an dem Vorhaben, eine Bahnstrecke zwischen Sóller und Palma de Mallorca zu errichten. Jahrelang bohrten die Arbeiter von beiden Seiten Tunnels durch das Serra de Alfábia, bis schließlich am 16. April 1912 erstmals die vier aus England importierten Locks zwischen den beiden Städten pendelten. Ab den 30er Jahren entwickelte sich die Bahnlinie, inzwischen unter dem Namen "Roter Blitz" bekannt, zu einem wahren Touristenmagneten und erhielt eine Generalüberholung mit neuer Stromversorgung, Zweirichtungs-Triebwagen und neuen Waggons.

Fahrzeiten des Tren de Soller

Während der Hauptsaison von April bis Oktober startet der Tren de Sóller sechs Mal täglich im Bahnhof von Palma de Mallorca. Von Sóller fährt die letzte Bahn zurück nach Palma um 18.30 Uhr. Die Kosten pro Person und Fahrt belaufen sich auf knapp 20 Euro. Im Tausch gegen den hohen Ticketpreis erhalten die Fahrgäste keinesfalls eine Schnellverbindung. Im Gegenteil, der Zug benötigt für die knapp 30 Kilometer über eine Stunde Fahrzeit. Dafür ist eine Fahrt im Tren de Sóller so viel mehr als ein bloßes Mittel zum Zweck.

Gleich beim Einsteigen tauchen die Reisenden in den Charme des frühen 20. Jahrhunderts ein. Davon zeugt die exklusive Innenausstattung der Waggons: Im Abteil der ersten Klasse fügen sich gepolsterte Ledersitze mit Messingleuchten, Gepäcknetzen und Mahagoni-Vertäfelung zu einem eleganten Bild zusammen. In der zweiten Klasse reist man nicht ganz so feudal, doch auch hier zeugen die Holzbänke mit ihrer Patina von der langen Tradition der Bahnlinie nach Sóller.